Zu Gast bei André
Die Proteste wurden fortgeführt, und noch so einiges in Brand gesetzt. Doch im grossen und ganzen beruhigte sich die Ausnahmesituation in der Stadt. Am Samstag radelte ich zum Hostel und holte meine Motorradkleidung die ich für eine ganze Woche dort deponiert hatte. Am Samstagabend wurde, nach über einer Woche «Sperre», die Ausgangsperre für die Nacht aufgelöst. Auf Ausgang hatten André und ich jedoch keine Lust. Wir verbrachten gemütliche Stunden in der Wohnung, 4km weit entfernt von den Unruhen. André arbeitet als Krankenschwester in einem Krankenhaus mitten im Zentrum. Während den Protesttagen musste Sie 24Stunden-Schichten arbeiten. Ihre freien Tage dazwischen verbrachten wir gemeinsam. Faulenzen, Einkaufen gehen und gemeinsam kochen. Ich habe die Liebe zum Kochen noch nicht gefunden, doch diese Woche kochte ich vermehrt. Rösti, Älplermagronen und Vogelheu tischte ich André auf, um ihr die "Schweizer Küche" zu präsentieren. Am Dienstag bekam ich die erfreuliche Nachricht, dass Tomas mein Paket auf der Poststelle abholen konnte. Endlich! Am Mittwoch radelte ich zur Werkstatt von. Hatte Glück, dass ich mich von Tomas mit einem riesengrossen Dankeschön verabschieden konnte. Denn er verliess die Stadt mit einer Touristengruppe. Eine Woche lang führt Thomas die Motorradgruppe durch den Norden von Argentinien und Chile. Nach dem Abschied machte ich mich im Garten von Tomas an die Arbeit. Ich benötigte einige Stunden um Gabriel wieder zusammen zu schrauben. Alleine war es nicht einfach, das Federbein und die Hinterradschwinge einzubauen. Zum Schluss half mir einer der Mechaniker, die Schrauben mit Kleber zu sichern und mit dem richtigen Drehmoment fest zu schrauben. Am späten Nachmittag konnte ich Gabriel in die Werkstatt rollen. Dort wechselte ich Motorenöl, Ölfilter und befüllte den Kardan-Endanrtieb mit frischem Öl. Die halbe Stunde bis zum Ladenschluss nutzte ich, um Gabriel so gut wie möglich zu waschen. Eigentlich wollte ich an diesem Tag alles erledigen. Noch die Zündkerzen wechseln, einen Schlauch im Vorderrad montieren lassen und meine Schulden an der Kasse begleichen. Doch die Zeit reichte nicht aus. Morgen ist auch noch ein Tag! Dachte ich, doch es wurde mir mitgeteilt dass Feiertage anstehen, die Werkstatt für ein langes Wochenende geschlossen bleibt und ich am Montag wieder zurückkehren soll. Hmm, nun gut. Ich packte meine Dinge auf Gabriel und fuhr mit ihm davon. Was? Ja genau, ich fuhr mit Gabriel zurück zum Appartement von André. Was für eine Wohltat! Was für ein Freiheitsgefühl nach dem langen Warten. Betreffend "Warten" darf ich sagen, dass ich eine Menge Glück hatte. Am 4.10 habe ich die Kardanwelle bestellt und am 30.10 konnte ich diese einbauen. Für chilenische Verhältnisse eine kurze Zeit. Nicht selten kann eine Lieferung aus dem Ausland bis zu drei Monate in Anspruch nehmen. Den Donnerstag nutzte ich um ein anderes Problem zu lösen. Seit einer Woche kann ich mich nicht mehr in mein «Internet-Banking-Account" einloggen. Meine Bank hat in diesem Monat die Sicherheit erhöht. Nebst Nutzername und Passwort muss jetzt zusätzlich noch einen Code eingegeben werden um Zugriff auf das eigene Konto zu erlangen. Dieser Code wird auf einer weiteren «App» auf das Handy übermittelt. Funktioniert hat dies bei mir nicht. Dies Woche habe ich verzweifelt versucht mich einzuloggen. Resultat: Konto wurde gesperrt! Dannach setzte ich mich mit der Bank per Mail in Verbindung und wartete darauf dass mein Konto wieder enstperrt wurde. Dieses Prozetere wiederholte sich. Jetzt, am Ende der Woche, ist zwar mein Konto entsperrt, einloggen kann ich mich dennoch nicht. Auf eine Lösung muss ich wohl auch bis Montag warten. Ein ärgerliches Gefühl wenn man auf sein eigenes Geld keinen Zugriff hat. Besonders wenn man sich auf einer Reise befindet. Ich hätte mir vor Aerger die Haare ausreissen können, doch diese fallen mir ja schon von alleine aus. Manchmal bleibt mir das Gefühl, dass die Menschheit ein grosses Talent besitzt, einfache Ablaufe zu "verkomplizieren".
Gut, hatte ich für diese eher frustrierenden Wochen, ein liebevolles Zuhause gefunden. Gut, dass mich André mit ihrem fröhlichen Gemüt und mit ihrem bezaubernden Lächeln beruhigen konnte. André, ich danke dir für deine grosszügige Hilfe und die seelische Unterstützung.