Unherzlich willkommen

15.04.2019
Ich packte meine Sachen am Straßenrand zusammen, machte es mir auf meinem selbstgebastelten Motorradsessel bequem und schrieb in mein Tagebuch bis die starken Sonnenstrahlen die ganze Sache unangenehm machten. Ich fuhr weiter, vorbei an grünen Reisfelder, in die Stadt "Jaen". Am Geldautomaten deckte ich mich peruanischen Soles ein. Eigentlich wollte ich hier die obligatorische Versicherung «Soat» für Gabriel abschließen. 70 Dollar für zwei Monate empfand ich dann doch ein bisschen übertrieben. Falls ich von der Polizei gefragt werde, versuche ich es mit "Dummstellen". Statt der Versicherung kaufte ich mir eine Simkarte und düste weiter durch ein schönes enges Tal. Links und rechts von mir steile Felswände die sich in den Himmel streckten (Siehe Video: "Ein schöner Tag"). Im Augenwinkel sah ich eine kleine Kirche aus Steinen vorbeiziehen. Ich machte Kehrt und stand einen Augenblick später im kleinen Dorf «El Aserradero». Ein paar Kinder standen vor einem Kiosk und verschwanden fluchtartig als ich aufkreuzte. Auf Gabriel sitzend muss ich wohl aussehen wie ein Mann von einem anderen Stern. Erst als ich meinen Helm auszog, zeigten sich die Kinder wieder. Ein Lächeln meinerseits und das Eis war gebrochen. Nun wollten sie alles wissen, meine Kamera ausprobieren und Verstecken spielen. Eine aufgestellte lustige Schar. Nach dem Fotoshooting spielte ich noch eine Runde Verstecken mit. Mich zu verabschieden viel nicht leicht. Ich soll doch noch bleiben, noch mehr Fotos schießen oder noch Fussball mit Ihnen spielen, flehten sie mich an. Ich fühlte mich über beide Ohren herzlich willkommen in dem kleinen freundliche Dorf doch ich entschloss weiter zu fahren. In «Pedro Ruiz Gallo» zwang mich der starke Regen zu einem Halt. Doch es schien als würde der Regen so schnell nicht stoppen und es war schön spät. Ich startete den Motor bei anhaltendem Regen und o Schreck: die "Motoren Warnanzeige" erschien auf Gabriels Display. Wie ich das hasse. Das hatte ich doch schon Mal in Australien. Der kleine Elektromotor für die «Auspuffklappe» war dazumal kaputt. Ich startete den Motor ein zweites Mal. Keine Warnanzeige mehr. Komisch. Ich fuhr weiter in die Dunkelheit und sah am Strassenrand einen einfachen Unterstand neben einem Haus. Optimal, dachte ich. Ich fragte beim Häuschen um Erlaubnis. Eine Frau und ein Mann nahmen mein Anliegen entgegen. Warum nicht? War die Antwort der beiden. Ich bedankte mich und war froh dass ich nicht weiter durch die regnerische Nacht tuckern musste. Unter dem schützenden Dach platzierte ich mein Zelt und machte mich daran die Auspuffklappe zu überprüfen. Tatsächlich konnte ich sehen dass das Zugkabel welches die Klappe steuert, gerissen war. Obwohl die Klappe durch eine Feder von selbst wieder schliesst nachdem sie über das Kabel geöffnet wird, besitzt der Mechanismus zwei Kabel. Ein Kabel öffnet die Klappe das andere unterstützt die Feder beim Schließen. Irgendwie überflüssig dachte ich und machte mich daran aus dem irgendwie überflüssigen Kabel ein neues Zugkabel zu basteln. Ich wollte gerade beginnen als ich von vier Personen ziemlich schroff angesprochen wurde. Was ich hier eigentlich zu suchen habe, wurde ich gefragt. Ich soll auf der Stelle verschwinden, ansonsten rufen sie die Polizei. Das verblüffende dabei war, dass sich der Herr und die Frau die ich vor einigen Minuten um Erlaubnis bat, unter den vier Personen befanden. Ich erklärte mich so gut ich konnte in meinem gebrochenen Spanisch. Der Besitzer des Anwesen wurde telefonisch kontaktiert und ich Begriff dass die Beiden «Angestellte» sind, die das Anwesen in Schuss halten.
Jetzt bekam ich nochmals ein «Ok» vom Besitzer am Telefon. Ich durfte bleiben und mich ohne Sorgen ausruhen. Zwei Personen verschwanden wieder in der Dunkelheit und das Paar von nebenan setzte sich 10meter von mir entfernt hin. Nicht um mit mir zu sprechen sondern um mich zu überwachen. So kam es mir auf jeden Fall vor. Ok, warum nicht, dachte ich und reparierte weiter. Während der zweistündigen Bastelei hatte ich also Aufseher. Als ich mein Abendbrot zu mir nahm, spazierten die Beiden zurück zu ihrem Haus und beobachteten mich von dort aus. Fuhr ein einheimischer mit seinem Tuktuk oder Motorrad vorbei, wurde er von den beiden gestoppt und es wurde diskutiert. Ich bekam jeweils nur wenig mit, doch es war mir klar dass ich Thema der Diskussion bin. Immer wieder hörte ich die Worte "Gringo" und «Turista». Ich fragte mich ob ich mich nochmal erklären oder vorstellen oder einfach alles zusammen packen und davon düsen sollte. Doch schlussendlich bekam ich ja die Bewilligung und zudem war ich müde. Wenn sie ein Problem damit haben dass ich hier in 50 Meter Entfernung unter einem Dach schlafe, dann sollen sie es mir mitteilen. Ansonsten müssen sie für ihr Problem selbst eine Lösung finden. Ich legte mich in mein Zelt und hörte die beiden bis tief in die Nacht hinein diskutieren. Immer wieder hörte ich die Worte «Gringo» und «Turista» was mich dann doch gehörig nervte und mir das Einschlafen erschwerte. Irgendwie war es eine verrückte Situation die ich so auf meiner Reise bisher noch nicht erlebte. Ein unangenehmes Gefühl nicht willkommen zu sein. Schenkten mir die Kinder am Nachmittag so viel Vertrauen und Ehrlichkeit erfuhr ich hier Misstrauen.